Eine aktuelle Studie von bulwiengesa und der BAUAKADEMIE zum deutschen Büromietmarkt vereint erstmalig die Perspektiven von Investoren und Mietern und kommt zu richtungsweisenden Ergebnissen. Sie betreffen die ökonomischen, die ökologischen und die soziokulturellen/funktionalen Aspekte des Nachhaltigkeitsansatzes.

Ökonomie:
Die Betriebskosten haben sich insbesondere in den vergangenen beiden Jahren mehr als verdoppelt. Der Anteil der Betriebskosten an den Gesamtkosten stieg um rund 6 %-Punkte auf bis zu etwa 21 % (in der Spitze/Neubau) sowie auf rund 24 % im Bestand.

Ökologie:
Mieter und Vermieter sehen sich auch im Zuge einer zunehmenden Bedeutung von ESG mit neuen Aufgaben für die nachhaltige Nutzung und Bewirtschaftung ihrer Flächen konfrontiert. Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein rücken in den Fokus des Asset-Managements.

Soziokulturelles/Nutzungsqualität:
Ein sich veränderndes Markt- und Wettbewerbsumfeld führt dazu, dass der Nutzer wieder mehr im Mittelpunkt des immobilienwirtschaftlichen Handelns steht. Überdurchschnittliche Mieterlöse lassen sich nicht mehr trotz eines vernachlässigten Objektmanagements erzielen. Die Performance eines Investments ist vom aktiven Objektmanagement und damit verbunden dem Heben von Ertragspotenzialen abhängig.

Auszug aus: bulwiengesa AG/Bauakademie, Kurzstudie: Gesamtmietbetrachtung Büromarkt Deutschland, 15.02.2023

Es wird erwartet, dass „intelligente Gebäude“ besser an der tatsächlichen Auslastung antizipieren und damit zu einer Reduktion der Betriebskosten beitragen können – ausreichend verlässliche Daten liegen hierfür aber bislang noch nicht vor.

bulwiengesa AG/Bauakademie, Kurzstudie: Gesamtmietbetrachtung Büromarkt Deutschland, 15.02.2023

Angesprochen sind damit jene Qualitäten, die den Nachhaltigkeitsansatz und damit auch das Verständnis von Green Lease prägen (siehe nebenstehend). Die Studie liefert implizit gleich weitere Argumente für Green Lease:

  • Die Betriebskosten werden zunehmend relevant für die Entscheidung der Mieter zur Anmietung oder auch zum Verbleib in bestehenden Flächen.
  • Das schafft Spielräume für Mietverhandlungen, für Wertschöpfung und für die Erlangung von Wettbewerbsvorteilen.
  • Das vereinbarte Servicelevel und die Gebäudequalität haben den stärksten Einfluss auf die Höhe der Betriebskosten.
  • Rund 21% der Betriebskosten sollen durch gemeinsames Agieren von Vermieter und Betreiber optimierbar sein. Weitere 16 % sollen auf das Nutzerverhalten fallen oder sind nur in Abstimmung mit dem Nutzer realisierbar.

Green Leases, insbesondere, nicht aber zwingend, solche bezogen auf nachhalitige Immobilien, haben damit nach hiesiger Wertung die Chance, zum Markt- und Wettbewerbsvorteil zu werden und mit ihren vertraglichen Anreiz- und Kooperationsstrukturen (ggf. auch unter Einbeziehung des PM, AM und FM) jene Optimierunspotentiale zu realisieren, die mit bzw. durch die Beteiligten steuer- und beeinflussbar sind. Sie bilden auch einen kooperativen Rahmen zur Erfüllung von normativen Vorgaben wie etwa jenen aus CO2KostAufG und EnSimiV.

Das Ergebnis der Studie zur Wichtigkeit von ESG findet sich in anderen Studien bestätigt (siehe nur: Sustainable Finance & ESG-Reporting: How to measure and disclose risks, opportunities and data?). Auch wurde kürzlich schon in einer anderen Studie hervorgehoben, dass es nicht nur bezogen auf Optimierungspotenziale bei den Betriebskosten, sondern vor allem auch bezogen auf die Erfüllung von Nachhaltigkeitsvorgaben auf die Mitwirkung der Mieter und damit auf geeignete Mietverträge ankommt. Das INREV-Paper Falling through the cracks: SFDR’s impact on real estate investment, January 2023, war auf das Hindernis durch Mietverträge eingegangen, die keine Anforderungen an die Berichterstattung über die Ressourcennutzung oder sogar Anforderungen an einen nachhaltigen Umgang mit Ressourcen enthalten (siehe schon: Braun, hellgrün, dunkelgrün – oder doch Greenwashing? Zur Evaluation und Nachjustierung von EU Taxonomie, EU GBS, SFDR, CSRD & Co.). Auch das spricht wiederum ein Kernelement von Green Lease an:

Da die Sicherstellung der Nachhaltigkeit der Immobilie über den gesamten Lebenszyklus insbesondere auch durch eine Integration der unterschiedlichen Beteiligten in den Nachhaltigkeitsprozess erfolgt, kann die Einbeziehung der Management-Dienstleister und die Abstimmung mit diesen ein weiterer Regelungsaspekt sein. Dem Mietvertrag kommt dabei im Gesamtzusammengang des Nachhaltigkeitsmanagements insbesondere auch die Funktion zu, etwa über Regelungen zur Offenlegung von Verbrauchs- und Nutzungsdaten (Reporting/Monitoring) eine ganzheitliche Messung und Bewertung von „Gebäudestrukturperformance“ und „Nutzungsperformance“ zu gewährleisten. Umgekehrt muss der Vermieter den Mieter informatorisch in die Lage versetzen, die Mietsache möglichst nachhaltig zu nutzen und zu betreiben und sollte die dokumentatorischen Grundlagen hierfür bereits in der Planungs- und Ausführungsphase von (Um-) Baumaßnahmen legen (Prozessqualität).  

Bickert, Anspruch auf Green Lease? ZfIR 2015, 233

Wenn die Studie von bulwiengesa und BAUAKADEMIE feststellt, dass die Betriebskosten relevant sind für die Entscheidung der Mieter zur Anmietung oder auch zum Verbleib in bestehenden Mietverträgen, dann ist rechtlich zu ergänzen, dass damit auch die Betriebskostenabrechnung und das damit verbundene Wirtschaftlichkeitsgebot weiter in den Fokus rücken.

Eben erst hat der BGH ganz grundlegend zur Umlagefähigkeit von Betriebskosten festgestellt, dass die Höhe von Betriebskosten (allein) kein maßgebendes Kriterium zur Beurteilung der Frage ihrer grundsätzlichen Umlagefähigkeit darstellt. Selbst ein sprunghafter Anstieg einzelner umlagefähiger Kostenpositionen ist nach dem BGH für sich genommen kein Grund, um eine Kostentragungspflicht des Mieters für solche Betriebskosten grundsätzlich auszuschließen.

In einer weiteren brandaktuellen Entscheidung hat der BGH erneut die wiederholten Versuche von Instanzgerichten, das Wirtschaftlichkeitsgebot zu Lasten der Vermieter auszuweiten, zurückgewiesen.

Entschieden wurde ein Fall zum Wohnraumietrecht, in dem ein Vermieter eine externe Dienstleisterin mit der Erbringung von Leistungen im Rahmen eines sogenannten Müllmanagementsystems beauftragte (Nachsortierung des Abfalls, insbesondere
Aussortierung von mit dem „grünen Punkt“ versehenem Abfall, Betrieb eines die Restabfallmenge pro Haushalt erfassenden Chipsystems, Reinigung der Mülltonnenstandplätze und Entfernung von Beistellungen), also etwas, was auch im Rahmen von Green Leases bekannt ist.

„Green Lease“ und Betriebskosten

BGH klärt Kosten- und Mangelfragen zu Grünanlagen und Baumbestand

Das Betriebskostenrecht gewährleistet nicht pauschal den Schutz des Mieters vor im Einzelfall angefallenen hohen Kosten. (…) Eine allgemeine Abwägung der Interessen von Mieter und Vermieter gegeneinander findet im Betriebskostenrecht – über den Wirtschaftlichkeitsgrundsatz hinaus – nicht statt.

BGH

Siehe auch schon ausführlich:

BGH, zum mietrechtlichen Wirtschaftlichkeitsgebot

Die Vorinstanzen meinten, der Vermieter dürfe Betriebskosten nur „bei ordnungsgemäßem Kostengrund und angemessener Kostenhöhe“ an den Mieter weitergeben. Für einen Verstoß des Vermieters gegen die Pflicht zur Einhaltung des Wirtschaftlichkeitsgebots trage zwar der Mieter die Darlegungs- und Beweislast. Für den ordnungsgemäßen „Kostengrund“ sei jedoch nach den allgemeinen zivilprozessualen Grundsätzen – anders als hinsichtlich der Höhe der Betriebskosten – der Vermieter darlegungs- und beweisbelastet. Das stimmt nicht – und wurde vom BGH entsprechend kassiert.

Zum Verständnis: Der Wirtschaftlichkeitsgrundsatz
Bei Maßnahmen und Entscheidungen, die Einfluss auf die Höhe der von dem Mieter zu tragenden Betriebskosten haben, muss der Vermieter auf ein angemessenes Kosten-Nutzen-Verhältnis Rücksicht nehmen (sogenannter Wirtschaftlichkeitsgrundsatz). Eine Verletzung dieser Pflicht durch den Vermieter kann zu einem Schadensersatzanspruch des Mieters nach § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB führen, der auf Rückzahlung der unnötigen Kosten beziehungsweise auf Freihaltung von diesen gerichtet ist.

Da es sich bei der Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots um eine vertragliche Nebenpflicht des Vermieters handelt, gilt nach allgemeinen Grundsätzen, dass der Mieter, der wegen einer solchen Pflichtverletzung Ansprüche erhebt, die Darlegungs- und Beweislast für ein pflichtwidriges Verhalten des Vermieters trägt. Dies gilt umfassend, für die Kostenhöhe und den Kostengrund.

Zwar mag es sachgerecht sein, bei der Prüfung des Vorliegens eines angemessenen Kosten-Nutzen-Verhältnisses zunächst in den Blick zu nehmen, ob die konkrete Maßnahme überhaupt einen Nutzen für den Mieter hat und nicht etwa „überflüssig“ ist, und bejahendenfalls im Anschluss hieran eine Prüfung der Angemessenheit der Höhe der konkreten Kosten vorzunehmen. Dies ändert indes nichts daran, dass der Mieter seinen Anspruch auf eine – einheitlich zu betrachtende – Pflichtverletzung stützt, für deren Vorliegen er insgesamt die Darlegungs- und Beweislast trägt. Genau dies – und nicht etwa, wie das Berufungsgericht gemeint hat, das Gegenteil – ergibt sich aus dem allgemeinen zivilprozessualen Grundsatz, wonach jede Partei die für sie günstigen Tatsachen darzulegen und zu beweisen hat.

BGH

Aus der Funktionsweise des Wirtschaftlichkeitsgrundsatzes folgt zugleich der zutreffende Umgang mit Verträgen mit externen Dienstleistern:

  • Wurde ein die Betriebskosten auslösender Dienstleistungsvertrag bereits vor Abschluss des Mietvertrags geschlossen, kann eine mögliche Nebenpflichtverletzung des Vermieters schon wegen einer zu diesem Zeitpunkt noch nicht bestehenden mietvertraglichen Rücksichtnahmepflicht nicht in der Eingehung dieser Verbindlichkeit gesehen werden.
  • Vielmehr kommt eine Verletzung des Wirtschaftlichkeitsgebots nur in Betracht, soweit dem Vermieter – im Falle eines nicht angemessenen Kosten-Nutzen-Verhältnisses – eine Korrektur der zu überhöhten Kosten führenden Maßnahme während des Mietverhältnisses – beispielsweise durch Kündigung eines Vertrags mit ungünstigen Bedingungen – möglich und wirtschaftlich zumutbar gewesen wäre und er diese Möglichkeit nicht ergriffen hat.

Hatte der BGH erst kürzlich betont, dass die Vorschriften über die Umlagefähigkeit von Betriebskosten – ganz im Sinne von Green Lease – der Transparenz und Abrechnungsgerechtigkeit sowie als Anreiz für einen sparsamen Umgang mit Ressourcen durch den Mieter dienen (BGH zu Betriebskosten (Rauchwarnmelder): Anschaffungskosten der Vermieter sind auch als Mietkosten nicht auf Mieter umlegbar), so betont er auch in der aktuellen Entscheidung die Anreizwirkung für den Mieter:

Zwar ist das Wirtschaftlichkeitsgebot wegen der erheblichen Müllbeseitigungskosten in der gegebenen Fallgestaltung besonders zu beachten. Eine verbrauchs- und verursachungsabhängige Abrechnung schafft jedoch – wie sich aus den Materialien zur Betriebskostenverordnung ergibt – im Grundsatz mehr Abrechnungsgerechtigkeit und fördert auch auf Mieterseite den kostenbewussten Umgang mit Müll (vgl. BR-Drucks. 568/03, S. 31).

BGH

Siehe zum nachhaltigem Klimaschutz im Gebäudebestand auch schon:
GRÜNES MIETRECHT – Instrumente für divergierende Anreize zur Energieeffizienz:


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